Gartentipps

Kiesgarten

 

In den letzten Jahren wird der aufmerksame Beobachter festgestellt haben, dass vor allem in den Vorgärten der Neubaugebiete eine neue Art der „Gartengestaltung“ Einzug gehalten hat. Flächige Kiesschüttungen, im besten Fall noch kombiniert mit einzelnen Pflanzen, prägen ganze Straßenzüge und werden unter dem Argument der Pflegeleichtigkeit auch von Fachfirmen angeboten.

 

Selten wurde eine Modeerscheinung im Gartenbau so gelobt und verteufelt wie der „Kiesgarten“, der aus gärtnerischer Sicht meistens diese Bezeichnung nicht verdient, da diese Anlagen nichts mehr mit einem Garten im herkömmlichen Sinne zu tun haben.

 

 

 

Dabei ist die eigentliche Idee dahinter schon relativ alt: Die ersten Kiesgärten entstanden wohl in den Botanischen Gärten, in denen man Pflanzen aus den unterschiedlichsten Regionen der Erde sammelte. Damit diese kultiviert werden konnten, musste man ähnliche Standortbedingungen schaffen wie in den eigentlichen Verbreitungsgebieten der Pflanzen. Neben dem Alpinum (Steingarten / Standortbedingungen für Pflanzen der Alpenregion) waren es auch Trocken- oder Präriegärten die angelegt wurden. Die verwendeten Pflanzen müssen auf einem Extremstandort zurechtkommen: Wenig Wasser, wenig Nährstoffe, volle Sonne.

 

Staudenmischpflanzung "Silbersommer"
Staudenmischpflanzung "Silbersommer"

 

Obwohl das Prinzip des „Trockengartens“ (nicht zu verwechseln mit den japanischen Zen-Gärten!) von etlichen Fachleuten schon beschrieben und publiziert wurde, so kann man den Boom dieser Gartengestaltung in den letzten Jahren auf eine Person zurückführen. Die Rede ist von der englischen Gärtnereibesitzerin Beth Chatto, die mit Ihren Publikationen einen regelrechten Boom in England und Europa auslöste. Die wichtigsten Werke sind hier das 1978 erschienene „Dry Gardens“ und das im Jahr 2000 erschienene „Gravel Gardens“. Hier wird beschrieben, wie auf trockenen, nährstoffarmen Standorten, ein Maximum an Pflanzenvielfalt, Textur, Struktur und Farben kultiviert werden kann und das bei einem Minimum an Pflege. Ein großer Unterschied zu den Kiesschüttungen in vielen Vorgärten stellt vor allem die Interpretation des Wortes „Kies“ in „Kiesgarten“ da: Bei den hier beschriebenen Gärten geht es nicht um die z.T. sichtbare Mulchschicht aus Kies, sondern um das mineralische Substrat in das gepflanzt wird.

 

 

In Deutschland wurde parallel dazu, Ende der 90ziger Jahre, das Prinzip der Staudenmischpflanzung entwickelt, das auf der gleichen Idee fußt: Standortgerechte Bepflanzung, hohe Artenvielfalt und hohe Attraktivität der Anlage bei einem möglichst geringen Pflegeaufwand. Organisationen wie der Bund Deutscher Staudengärtner, die Hochschule Anhalt in Bernburg oder die LWG Veitshöchheim entwickelten daraus Pflanzenkombinationen, die heute im öffentlichen und privaten Raum verwendet werden. Die bekannteste dürfte hier die Mischpflanzung „Silbersommer“ sein, die seit vielen Jahren eine etablierte Alternative zu den gängigen Gestaltungselementen des öffentlichen Grüns darstellt.

 

Steppenkerzen-Garten, EGA-Park Erfurt
Steppenkerzen-Garten, EGA-Park Erfurt

 

Vorgärten mit Kiesschüttung

 

Das die mit Kies gestalteten Vorgärten herzlich wenig mit der eigentlichen Idee des Kiesgartens zu tun haben, kann verschiedene Gründe haben:

 

Zum einen ist auch die Gartengestaltung den Zyklen von Modeerscheinung unterworfen. War es in den 70er und 80er Jahren die Naturnahen Gärten mit Elementen wie Trockenmauern, Polygonalplatten und einem konzentrierten Einsatz von Koniferen, so wurde in den 90er Jahren der Postmoderne Garten ausgerufen und verstärkt auf strenge, geometrische Formen gesetzt. Heute sehnt man sich nach einer möglichst pflegeleichten Gestaltung des Gartens, was mit unterschiedlichen Gestaltungsansätzen versucht wird zu erreichen: Die einfachste Lösung scheint hier zu sein größtenteils auf den Einsatz von Pflanzen zu verzichten und mit Schüttstoffen zu arbeiten. So werden z.T. große Flächen des Gartens mit Folien und Kies abgedeckt, in dem Bewusstsein zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Pflegeleicht und schön. In vielen Fällen entwickelt sich diese Herangehensweise zu einem Bumerang, da sich die Pflege der offenen Kiesflächen als meist intensiver erweist – über die Schönheit dieser Anlagen lässt sich streiten, wobei die Frage erlaubt sein muss ob es sich hierbei noch um einen Garten im herkömmlichen Sinne handelt.

Darüber hinaus entsteht der Eindruck, dass über Pflanzen im Allgemeinen und Pflanzenverwendung im Besonderen, immer weniger Kenntnisse vorhanden sind und aus reiner Unwissenheit auf die scheinbar einfachsten Lösungen zurückgegriffen werden.

 

 

Bauweise

 

Auswahl des richtigen Standorts

 

Der klassische Kiesgarten braucht keinen nährstoffreichen Boden. Optimal ist als Ausgangssituation ein anorganischer Boden (Kies 0/32), der eine hohe Wasserdurchlässigkeit aufweist. Je nährstoffärmer der Boden ist, desto weniger Unkräuter können sich etablieren und die aufgepflanzte Vegetation verdrängen. Ebenso wichtig ist ein vollsonniger Standort. Durch die Sonneneinstrahlung trocknet der Boden schneller ab und erwärmt sich auch schneller, was wiederum gut für die eingesetzten Pflanzen und schlecht für unerwünschten Aufwuchs ist.

 

Die Etablierung eines Kiesgartens auf einem ungeeigneten Boden ist nur durch einen hohen, bautechnischen Aufwand möglich und sollte deshalb gut überlegt werden. Vor allem Böden, die schnell vernässen (Lehm) sind eher ungeeignet.

 

 

Mulch

 

Genauso wichtig wie der richtige Standort ist das Mulchen des Kiesgartens. Hier gilt: So dick wie möglich! Die Deckschicht verhindert vor allem in den ersten Jahren, ein aufkeimen von Samenunkräutern. Geeignet sind anorganische Mulchstoffe wie Riesel und Splitt – hier wird eine Korngröße zwischen 8 und 16 mm empfohlen. Die Stärke der Deckschicht sollte mindestens 5-10 cm betragen. Da manche Stauden zum Zeitpunkt der Pflanzung noch keine 5 cm hoch sind, gilt es hier mit Maß und Ziel vorzugehen und diese Bereiche mit einer entsprechend niedrigeren Auftragsdicke zu versehen. Wenn sie sich nicht sicher sind ob der Untergrund unkrautfrei ist, dann empfiehlt es sich erst später zu Mulchen. Mit dieser Vorgehensweise können sie die Unkräuter aus dem Boden ziehen ohne die Mulchschicht mit organischem Material zu „verunreinigen“, das durch die Wurzeln quer durch die Deckschicht gezogen wird und somit eine leichtere Ansiedlung von Samenunkräutern fördern kann.

Das Verwenden von Folien oder Vliesen ist nur bei starker Verunkrautung des Ausgangssubstrates zu empfehlen, sonst sollte man darauf verzichten. Vor allem Folien schränken den Wasser und Lufthaushalt des Bodens ein und schädigen das Bodenleben. Die Pflanzung wird dadurch ebenfalls komplizierter, da für jede Pflanze Schlitze und/oder Löcher in Vlies/Folie geschnitten werden müssen und ein schnellerer Bodenschluss durch Wurzelausläufer, erschwert wird.

 


Pflanzen

 

Um die Pflanzfläche möglichst pflegeleicht zu gestalten, muss eine standortgerechte Pflanzenauswahl getroffen werden. Die Pflanzen müssen mit einem vollsonnigen, trockenen und nährstoffarmen Standort zurechtkommen, sie müssen pflegeleicht, schnittverträglich und robust sein und hinsichtlich Struktur, Textur, Farbauswahl und Blütezeitpunkt, harmonisieren. Ebenso wichtig sind ein schneller Bodenschluss und ein schönes Gesamtbild vom Frühjahr bis Winter. Um sich den planerischen Aufwand zu sparen, kann man auf die schon eingangs erwähnten Artenlisten der Staudenmischpflanzungskonzepte zurückgreifen. Hier wurden von Experten Bepflanzungskonzepte entwickelt die genau auf Standort und Gesamtbild abgestimmt sind.

 

Auch wenn die Pflanzen ausgewiesene Experten auf Extremstandorten sind, ist es nach der Pflanzung notwendig die Pflanzflächen zu wässern!

 

 

Pflege

 

Obwohl die Pflege eines Kiesgartens überschaubar ist, sei hier erwähnt, dass man mit einer Rasenfläche i.d.R. weniger Arbeit hat. Da die Pflanzen mindestens zwei Jahre brauchen um einen ausreichenden Bodenschluss herzustellen, ist vor allem in dieser Zeit ein erhöhter Pflegeaufwand notwendig. Danach ist von einer durchschnittlichen Pflegezeit von ca. 5-10 Minuten pro Quadratmeter pro Jahr auszugehen. Der zeitintensivste Teil dieser Arbeiten stellt das Zurückschneiden der Pflanzenreste im Frühjahr da, das mit Schere, Rasenmäher oder Heckenschere durchgeführt werden kann. Hier darauf achten, dass so wenig organisches Material wie möglich auf der anorganischen Mulchschicht aus Kies oder Riesel, liegen bleibt.